Borderline-Störung
 

Was ist das Borderline-Syndrom?

Die Borderline-Störung wird überwiegend bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen diagnostiziert. Sie ist eine Störung der Psyche, die ganz anders ist als andere psychische Störungen: der Betroffene ist wie zerrissen in sich selbst, er ist orientierungslos so wie die Welt, in der wir leben.

Dabei ist das Borderline-Syndrom nicht neu, es ist schon lange bekannt. Bereits im 17. Jahrhundert schrieb der englische Arzt Thomas Sydenham über diese Krankheit. Sein Zitat "Sie lieben diejenigen ohne Maß, die sie ohne Grund hassen werden" ist inzwischen bekannt in diesem Zusammenhang. Er beschrieb damals die heftige Wut, die Schmerzen und die Angst der Betroffenen.

Der Begriff "Borderline" wurde 1938 erstmals verwendet. Adolph Stern, ein amerikanischer Psychoanalytiker, nannte ihn in seiner Schrift über die "borderline group of neuroses". Dieser von Stern geprägte Begriff definierte Borderline als eine Störung, die weder eine Neurose noch eine Psychose war. Vielmehr treten Psychosen und Neurosen abwechselnd auf.

In den darauf folgenden Jahrzehnten wurde deutlich, daß tatsächlich viele Patienten an dieser Störung erkrankt waren, jedoch bisher durch eine fehlende Diagnostik unerkannt blieben.

Wie man vielleicht aus der langen Geschichte der unentdeckten Borderline-Erkrankung erkennen kann, scheint es für die Borderline-Störung keine immer geltenden Regeln zu geben. Das Borderline-Syndrom ist immer unterschiedlich so wie jeder Patient unterschiedlich ist.


Was ist aber nun das Borderline-Syndrom?

Es wurden neun typische Merkmale festgelegt:
  • Der Betroffene will nicht alleine sein, will Trennungen vermeiden, und das auf jeden Fall
  • Zwischenmenschliche Beziehungen sind zwar intensiv, aber auch sehr instabil, Hass und Liebe wechseln sich häufig ab
  • Der Betroffene hat eine gestörte Identität. Er hat eine gestörte Selbstwahrnehmung.
  • Der Betroffene ist sehr impulsiv. Er lebt oft ohne Rücksicht auf Verluste.
  • Der Betroffene droht oft mit Selbsttötung und Selbstverletzung.
  • Der Betroffene ist auffällig unausgeglichen und instabil. Häufig sind auch Angst und Reizbarkeit oder depressive Stimmungen zu bemerken. Diese Stimmungen sind jedoch nur kurz vorhanden.
  • Der Betroffene fühlt sich leer und ihm ist langweilig
  • Der Betroffene kann seine starke Wut nicht unterdrücken
  • Der Betroffene mißtraut phasenweise jedem, in Krisen schaltete er komplett ab. Er erlebt sich selbst fremd und verändert.

 

Der Betroffene will nicht alleine sein, will Trennungen vermeiden, und das auf jeden Fall
Borderliner sind nicht in der Lage, alleine zu sein. In allen Beziehungen, sei es zu den Eltern oder zu Freunden oder ihrem Lebenspartner, haben sie ständig große Angst, daß sie verlassen werden. Diese Angst kann schon durch kleinste Anlässe ausgelöst werden, etwa wenn ein Anruf zu spät kommt, eine Verabredung abgesagt wird oder es Streit um eine Kleinigkeit gibt.
Auch eine ganz normale Abwesenheit des Partners wird oft einem endgültigen Verlassenwerden gleichgesetzt.

 

Zwischenmenschliche Beziehungen sind zwar intensiv, aber auch sehr instabil, Hass und Liebe wechseln sich häufig ab.

Laura:
... also für Berni hätte ich alles gemacht. Er war ja auch toll. Als er dann ankam, er will mit seinem Fußballverein nach Mallorca, war mir klar: Der sucht sich eine andere, ich war wohl nur ein Spielzeug für ihn...

Damit sie nicht alleine sind und auch nicht alleine gelassen werden, gehen Borderliner schnell neue Beziehungen ein. Jedoch sind sie meist nur von kurzer Dauer, da der neue Partner zuerst idealisiert wird, später jedoch durch Kleinigkeiten der Vorwurf von Vernachlässigung oder Nichtbeachtung auftaucht. Zudem gehen Borderliner in Beziehungen sehr viele Kompromisse ein, die auf Dauer von keiner der beiden Seiten für gut gehalten werden können.

 

Der Betroffene hat eine gestörte Identität. Er hat eine gestörte Selbstwahrnehmung
Oftmals wissen Borderliner selbst nicht, wer sie sind. Sie wissen nicht, woher sie stammen, wie sie aussehen, was ihre Stärken und ihre Schwächen sind, was sie können und wissen, was sie leisten können, was sie wollen, welche Erfahrungen sie gemacht haben, was für sie wichtig und richtig ist, was für sie schlecht oder gut ist, worauf sie sich verlassen können oder mit wem sie zusammensein möchten. Sie wissen nicht, welche Werte sie vertreten sollen, was sie nicht tun dürfen, wie sie sich sexuell orientieren, was sie anregt oder auch beruhigt. Sie kennen sich selber nicht, sie kennen nicht ihr Fühlen, ihr Denken und ihre Empfindungen.

 

Der Betroffene ist sehr impulsiv. Er lebt oft ohne Rücksicht auf Verluste.
Borderliner sind sehr impulsiv und haben große Schwierigkeiten, dies zu beherrschen. Zudem ist die Schwelle für äußere oder auch innere Reize viel niedriger als für nicht erkrankte Menschen. Sie reagieren deswegen stärker als andere Menschen auf alle Erfahrungen und Eindrücke. Dies ist natürlich besonders gefährlich bei Menschen, die dazu neigen, sich selbst zu schädigen. Zu solchen Schädigungen gehören Schädigungen des eigenen Körpers, aber auch ein risikohaftes Verhalten, wie zum Beispiel beim Autofahren oder auch in sozialen Belangen, wie zum Beispiel dem Abschluss von Verträgen.

 

Der Betroffene droht oft mit Selbsttötung und Selbstverletzung.

Fred:
... so konnte ich nicht weiterleben, ihre Krankheit bestimmte unser Dasein. Also sagte ich ihr, daß ich die Beziehung beenden wollte. Daraufhin sagte sie mir, daß sie sich dann umbringen wird, da sie alleine nicht leben kann. Ich war wie vor den Kopf gestoßen und blieb...

Oftmals drohen Borderliner besonders nach Zurückweisung oder im Hinblick auf eine Trennung mit Selbstmord oder Selbstverletzung. Sie drücken dadurch das Bemühen aus, nicht verlassen zu werden.
Durch Selbstmorddrohungen oder durch eine Selbstverletzung entlasten sich die Betroffenen von ihrem starken Druck und versuchen eine Art Gleichgewicht wiederherzustellen. Zudem stellen sie dadurch einen Kontakt zur Realität für sich wieder her.

 

Der Betroffene ist auffällig unausgeglichen und instabil. Häufig sind auch Angst und Reizbarkeit oder depressive Stimmungen zu bemerken. Diese Stimmungen sind jedoch nur kurz vorhanden.
Dadurch, daß Borderliner auf äußere und innere Reize besonders stark reagieren, beeinträchtigen Gefühle und Erfahrungen aus dem alltäglichen Leben, wie zum Beispiel Liebe, Wut, Schuld oder Trauer, ihr Gefühlsleben besonders stark. Daraus resultieren Stimmungsschwankungen, denen ein Borderliner vollkommen ausgeliefert ist.

 

Der Betroffene fühlt sich oft leer und ihm ist langweilig

Irene:
... und wenn ich dann alleine in meinem Zimmer sitze, denke ich oft: Lebe ich überhaupt oder träume ich das nur? Dann nehme ich mein Messer und schneide mir in den Arm...

Viele Borderliner spüren oft eine innere Leere und Langeweile, die auf Dauer zu einem Verlust des Selbstwertgefühls führen können. Diese Leere oder Langeweile kommt manchmal plötzlich, obwohl kurz zuvor das Leben noch ausgefüllt schien. Durch die Unfähigkeit, alleine sein zu können und zusätzlich dem Gefühl der Leere und Langeweile bekommt ein Borderliner schnell das Gefühl, daß nur andere das Leben sinnvoll machen können.

 

Der Betroffene kann seine starke Wut nicht unterdrücken
Viele Borderliner sind oft gereizt, ärgerlich oder wütend. Sie fühlen oft eine große innere Anspannung. Durch ihre hohe Impulsivität und der mangelnden Fähigkeit, dies zu kontrollieren, entstehen oft Konflikte mit anderen, die in einem starken Streit oder auch in Handgreiflichkeiten enden können.

 

Der Betroffene mißtraut phasenweise jedem, in Krisen schaltete er komplett ab. Er erlebt sich selbst fremd und verändert
Durch Belastungen verlieren die Betroffenen schnell das Vertrauen in die Welt und auch das Vertrauen in sich selbst. Alles erscheint böse, sie fühlen sich verfolgt, das eigene Selbst geht unter. Die Umwelt verliert ihre Bedeutung, der Erkrankte fühlt sich wie in einem Film.

 

Unabhängig von den typischen Symptomen können aber auch noch andere Symptome auftreten wie zum Beispiel:

  • Depressionen
  • Suchtverhalten
  • Realitätsverlust / Derealisation
  • Verlust des Persönlichkeitsgefühls / Depersonalisation
  • Ängste
  • Hysterie
  • typisches Schwarz-Weiss-Denken
  • Zwänge und Rituale
  • psychosomatische Symptome
  • Angriffe zur Prävention vor Verletztwerden
  • Gefühlsstörungen
  • gestörtes Sozialverhalten
  • Essstörungen
  • Kontaktarmut - Abbruch von Kontakten

Lesen Sie auch:
Borderline nach ICD 10
Borderline nach DSM IV

Um es mal nicht so kühl und sachlich zu beschreiben, die kleine Anleitung:
Wie verhalte ich mich als Borderliner

1. Errichte um dich herum eine Mauer aus Beton, Stahl oder was auch immer. Hauptsache, es kann niemand darüber gucken. Du kannst gern ein Fenster einbauen, aber dann ist es deine Schuld, wenn du jemandem Einblick gewährst und davon dann Angst bekommst.

2. Zeige keine Gefühle, egal ob Trauer oder Freude, aber bestehe darauf, daß dein Gegenüber das tut.

3. Nehme alles für bahre Münze und reite stundenlang - wahlweise auch wochenlang - auf Gesagtem herum und frage gelegentlich noch mal den Wortlaut ab.

4. Mache dich über dich selbst lustig, am besten in Gegenwart von anderen.

5. Sei immer in der Lage, deine Gefühle blitzartig zu ändern, das sorgt für Abwechslung und verwirrt die Person / Personen gegenüber.

6. Ändere deine Meinung, vorzugsweise von Minute zu Minute.

7. Vergöttere einen Menschen, aber vergesse auf keinen Fall, ihn aus irgendwelchen nichtigen Gründen zu hassen. Bitte lasse ihn das dann auch wissen!

8. Ganz wichtig!! Sage immer und zu allen Dingen "es tut mir leid".

9. Wenn dir etwas nicht paßt, sprich es auf keinen Fall an. Dafür solltest du bei nächster unpassender Gelegenheit wegen einer Kleinigkeit total ausrasten.

10. Jede negative Äußerung solltest du sofort auf dich beziehen. Auch - oder gerade erst recht - wenn es fremde Personen gesagt haben.

11. Bemerke in Gegenwart anderer immer wieder wie unliebenswert du doch bist. Betone deine schlimmen Seiten und verleugne alles Gute an dir.

12. Nutze das Wochenende, um dich von der Welt total abzukapseln. Lasse nichts und niemanden an dich herran. So erreichst du hundertprozentig ein Gefühl der inneren Leere.

Dies mutet jetzt zwar etwas ironisch an, trifft jedoch genau den Punkt...

 

 


 

 

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